+++ KI-Untertitel sind keine Alternative für Schriftdolmetschung +++
+++ KI-Untertitel sind keine Alternative für Schriftdolmetschung +++
Automatische Untertitel sind KEIN ERSATZ für professionelle Schiftdolmetschung!
Auf immer mehr Veranstaltungen ausgerechnet zum Thema Inklusion wird aus Kostengründen auf Schriftdolmetschung verzichtet und stattdessen automatische Spracherkennung eingesetzt, die sehr lücken- und fehlerhaft ist, keine Interpunktion hat und keine Sprecherwechsel anzeigt.
Das macht mich sehr wütend, weil es für mich als taube Frau (trotz CI und Hörgerät) qualvoll ist, mehrere Stunden lang automatische Untertitel zu lesen.
In einigen Kontexten kann es sinnvoll sein oder triftige Gründe geben, KI-Untertitel einzusetzen. Aber KI-Untertitel sollten IMMER parallel von menschlicher Seite überwacht und ggf. korrigiert werden.
Ich habe mindestens 25 Jahre Erfahrung mit dem Einsatz von Schriftdolmetschenden sowie seit einigen Jahren auch mit automatischer Spracherkennung. Ich setze beides regelmäßig ein, abhängig von der Situation und vom kommunikativen Setting.
Wenn zunehmend hoch qualifizierte (!) Schriftdolmetschung durch KI-Untertitel ersetzt wird, ist das ein ganz klarer Rückschritt für die Inklusion.
KI-Untertitel funktionieren nur unter SEHR GUTEN AKUSTISCHEN BEDINGUNGEN und bleiben selbst dann immer noch anstrengend zu lesen. Idealerweise haben hörbehinderte lautsprachlich sozialisierte Menschen die Wahl zwischen KI-Untertitel und Schriftdolmetschung.
Andere (viele) hörbehinderte Menschen benötigen stattdessen Dolmetschende für Deutsche Gebärdensprache/Deutsch und wieder andere benötigen Induktionsschleifen.
Ende der Diskussion!
Quelle: https://www.facebook.com/1802317866/posts/10225297535664384/?mibextid=rS40aB7S9Ucbxw6v
Liebe Frau Kellermann,
vielen Dank für Ihren wichtigen und aufrüttelnden Beitrag! Sie sprechen uns aus tiefstem Herzen.
Wir möchten an dieser Stelle ergänzen:
Schriftdolmetschung ist – nach der Kommunikationshilfeverordnung (KHV) – eine Form der Kommunikationsunterstützung, keine Untertitelung. Das bedeutet: Wir verstehen uns nicht als reine Produzent*innen von Text, sondern als aktive Unterstützer*innen der Kommunikation. Wir begleiten Kund*innen und sorgen auch dafür, dass die Technik funktioniert – was für viele Betroffene eine enorme Entlastung bedeutet.
Eine Mitschrift durch Schriftdolmetschende besteht nicht aus zwei oder drei Zeilen, die wie Untertitel über den Bildschirm laufen. Unsere Mitschrift ist vollständig, strukturiert und inhaltlich nachvollziehbar, sie folgt dem Gesprächsverlauf und bleibt als Ganzes erfassbar. Sie ist vom Menschen gestaltet – nicht von einem Algorithmus.
Darüber hinaus sind wir selbstständige Fachkräfte, die dem Datenschutz verpflichtet sind. Schweigepflicht gehört für uns selbstverständlich dazu.
Wir dolmetschen nicht nur gesprochene Sprache in Schrift, sondern unterstützen auch taubblinde Menschen – etwa durch die Übertragung naturwissenschaftlicher Inhalte in Formsprachen wie LaTeX, um echte Teilhabe zu ermöglichen.
All das zeigt deutlich: Automatische Untertitel sind keine Alternative zu professioneller Schriftdolmetschung. Sie sind eine völlig andere Technik – hilfreich in bestimmten Situationen, aber niemals gleichwertig, wenn es um Barrierefreiheit, Präzision und Kommunikation auf Augenhöhe geht.
Leider erleben wir derzeit, dass der Beruf der Schriftdolmetscher*innen zunehmend verdrängt wird. Wenn es keinen deutlichen Aufschrei gibt – so wie ihn die Gehörlosengemeinschaft gegenüber KI-erzeugten DGS-Avataren gezeigt hat – besteht die reale Gefahr, dass dieser Beruf in absehbarer Zeit verschwindet.
Darum: Danke, Frau Kellermann, für Ihre klaren Worte, Ihr Engagement und Ihre Stimme. Sie sprechen nicht nur für sich, sondern für viele von uns.
Herzliche Grüße
Mario Kaul
Schriftdolmetscher NRW